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Seit über drei Jahren blicken wir nun aus dem Fenster unseres Besprechnungsraums direkt auf die Großbaustelle von Stuttgart 21. Die imposanten Bauarbeiten, vorallem an der Oberflächen und den Kelchen, haben uns dabei stets aufs Neue fasziniert – riesige Kräne, gewaltige Zelte und ein stetige Veränderungen bestimmten das Bild. Da lag es nahe, nicht länger nur Zuschauer von Weiterm zu sein, sondern selbst einmal einen Blick hinter die Bauzäune zu werfen. Aus diesem Grund haben wir zusammen mit unseren Nachbarn aus dem Haus an einer offiziellen Baustellenführung teilgenommen.
Die Führung begann in dem roten Turm, dem Besucherzentrum des Projekts, wo wir zunächst einen Überblick über die historischen Hintergründe und die Ziele von Stuttgart 21 erhielten. Unsere Guide erklärte uns anschaulich, wie das neue unterirdische Bahnhofsgebäude mit dem neuen Durchgangsbahnhof aufgebaut ist, was die baulichen Herausforderungen waren und wie die Leistungsfähigkeit des Schienenverkehrs in der Region und bis nach Ulm erheblich gesteigert wird. Besonders beeindruckend war das große Architekturmodell, das das gesamte Bauvorhaben im Maßstab zeigte.
Anschließend führte uns unser Guide in den abgesicherten Baustellenbereich. Ausgestattet mit Sicherheitshelmen, Warnwesten und roten Gummistiefeln konnten wir aus nächster Nähe die spektakulären Bauarbeiten im künftigen Tiefbahnhof bestaunen. Über eine Treppe ging es hinunter zu den Bahngleisen. Besonders eindrucksvoll waren natürlich die sogenannten Kelchstützen, die das Dach des neuen Bahnhofs tragen werden. Ihre filigrane Formgebung und gleichzeitig massive Struktur machen deutlich, welch komplexe planerische und handwerkliche Leistungen hier notwendig sind.
Über den Bonatzbau wird hier bei uns im Büro viel diskutiert. Für die einen gehört er zum Stadtbild für die anderen ist es ein monumentales Relikt mit Bauidealen aus der Vergangenheit. Deshalb war der Rundgang durch den historischen Bonatzbau, der trotz der laufenden Modernisierung des Bahnhofs erhalten bleibt und künftig weiter genutzt wird, ein weiteres Highlight der Tour. Derzeit ist er vollständig entkernt und mit Versteifungsgerüsten versehen – alte Wandverkleidungen, Fußböden und Zwischendecken wurden entfernt, sodass man den imposanten Rohbau des rund 100 Jahre alten Gebäudes in seiner ganzen Struktur erleben kann. Der Kontrast zwischen der historischen Bausubstanz des Bonatzbaus und den modernen Baumaßnahmen für die Bahnsteighalle war dabei besonders faszinierend.
Über eine provisorische Treppe gelangten wir schließlich sogar auf das Dach des Bonatzbaus. Hier offenbarte sich ein überraschender Anblick: Hinter den historischen Mauern entsteht nahezu unbemerkt ein ganzes Hotel. Es sind bereits Etagen, erste Räume und Grundrisse zu erkennen – auf dem Dach des denkmalgeschützten und fragilen Gebäude.
Während der Führung erhielten wir auch einen Einblick in die technischen Herausforderungen des Projekts: von der komplexen Grundwasserhaltung bis hin zur millimetergenauen Betonierung der Bauwerke. Es wurde deutlich, wie viele unterschiedliche Gewerke und Fachrichtungen hier zusammenarbeiten müssen, damit das Großprojekt realisiert werden kann.
Die Führung war für uns nicht nur eine spannende Abwechslung vom Büroalltag, sondern auch eine beeindruckende Erfahrung, die uns den Respekt vor den Leistungen auf der Baustelle noch einmal deutlich gesteigert hat. Was wir bisher nur aus der Ferne beobachtet hatten, konnten wir nun mit eigenen Augen sehen – und das hat unseren Blick auf Stuttgart 21 nachhaltig verändert.
Wir sind sehr auf das Ergebnis gespannt – auch wenn es noch ein Stückchen Arbeit ist – und freuen uns auf das, was mit den neu gewonnenen Flächen mitten in der Stadt entstehen wird. Bei der Nähe zu unserem Büro, werden wir dort sicherlich die ein oder andere Pause verbringen.
